2006-06-05 15:50
freiheitstänze
"das ist mein gras und ich habe nur einen zug davon bekommen" schreit die piepsliche stimme über die nachtgrüne wiese herüber. mich meint sie nicht. ich sie dagegen schon als ich "geh’ ins bett, kind!" denke.
tagsüber hängen die wolken träge. nachts schiebt die mondin sie zur seite. ein besserer blick für sie, eine relative sicherheit vor niederschlag und eine sternenkalte ausnüchterung für uns. der kopf liegt schwer in meinem nacken. die füße sind kalt, die nasen auch. die zunge klebt vom tabak. in der luft liegt alkohol in dicken schwaden, sowie in meinem kopf. die zeit sagt "bett!" nachdem die halbe sichel den himmel schon verlassen hat, das herz sagt "bleib...", der verstand summt leise und dreht sich weiter; ihm ist es egal. einsamkeit hält alle wach. sie, die anderen. scheinbare nähe treibt sie zu übertriebenem lachen. die drogen geben dem weißen licht einen gelben anschein und müllbeuteln hauchen sie leben ein. warum hier sein? zur selbstgeißelung. nach der ungerechtfertigten erhöhung des eigenen egos, über die traurigen, gequälten massen. teil bin ich davon auch nur weiterhin. hab’ meinen eintritt still bezahlt. laß die gespräche sein. enden sie doch nur in fragenden blicken. geschrei über dem trommelschlag der russendisko. und viel zu vielen "was???" aus partymündern. ruhe bleibt ein kostbares gut beim gang um den see. von der anderen seite sieht alles viel gemütlicher aus und man kehrt wieder zurück nach einem augenblick der versöhnung mit allen und sich selbst. so schlimm war es ja auch gar nicht. was braucht diese generation - y oder z oder darüber hinaus, in hexadezimal vielleicht – wirklich? sicher keine erlösung. im suff liegt die not. der sumpf ist der weg, das untergehen die tat. es liege ja nur an der entscheidung, sagen die alten, die scheinbar erwachsenen. aber diese ist doch schon gefallen. sie ist nur nicht akzeptiert worden und kann deshalb nicht mal mehr bei den entscheidungsträgern erkannt, geschweige denn verstanden werden. aber warum auch. das verstehen würde den weg schließlich unweigerlich zu einem vorzeitigen ende führen. wer will das, bei dieser aussicht hier. wirklich schlimm dagegen sind die gruppen kleiner wichtigtuer in grün, die bei solchen gelegenheiten immer wieder auftauchen um wichtig zu tun. "danke für die sicherheit!" möchte ich sagen, doch mache es nicht, weil das beben aus wut und angst die ironie aus meiner stimme vertreiben würde. so zeige ich meine papiere und schaue nur böse drein. nüchtern bin ich schon seit ihrem einmarsch, so muß ich jetzt nicht so tun als ob. nach der pflichterfüllung wende ich mich dem ausgangsportal zu. keine musik spielt auf meinen abgang. in raum aus zweifel, aggression und unterdrückung klingen meine schritte selbst auf dem rasen laut dabei. ich ziehe unwillkürlich den kopf tiefer in den nacken, sehe mich nicht um, bis ich auf dem fahrad sitzend – das licht eingeschalten – soweit entfernt bin von diesem 1984, daß ich mich wieder mündig fühle. bis zu meinem bett sind es mehr als drei schritte. genug zeit wieder benebelt zu werden. von den geschehnissen, vom alkohol, vom selbstmitleid. als ich so jung war wie dieses haschgeile kleine biest, hätten die bullen nicht so einfach auf einer party reinmarschieren können. und wenn dann hätte keiner der vorher anwesenden seinen perso dabeigehabt. "so wenig rückrad!" schreie ich die ampel an, vor der ich gewissenhaft noch um diese nachtzeit stehen geblieben bin und spüre das fehlen von etwas essentiellem in meinem rücken. der rucksack kann es nicht sein, der liegt im korb darunter. also massiere ich den schmerz ein wenig bis es grün wird. im liegen fangen sie an zu tanzen. nicht mehr lethargisch, nicht mehr schwach. wild sind sie geworden, voller ungestüm wirbeln sie durch meine langsam nicht mehr frierenden gedanken. und bunt sind sie. geschmückt mit tüchern und echtem lächeln, keine fratzen des konsums. sie springen und singen jenseits eintöniger rhythmen in ihrer ganz eigenen welt, wo niemand kommt und fragt. wo alle sind. wie sie sind. weil sie sind. geworfen und getroffen durch autorin
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update: 2015-11-13 12:20 morgenauswurf ist jetzt ein gezeitenreiter projekt inhalte dieser webseite sind lizensiert unter creative commons. projekt: wiedererwachend... |