2006-06-10 13:44
adoleszensia

heute habe ich auf meinem balkon ein hanfblatt gefunden. wahrscheinlich von der wg obendrüber. groß und grün sah es aus. mit nicht wenig blütenstaub. lag es einfach nur da. und lachte mich an. ich lachte zurück und ergriff die gelegenheit.

und im rausch schrieb ich. sätze, seiten, bücher. in meinem kopf. roch es noch weitem land, nach liebe unterm himmel, im wald, im see, allein. ich streckte meine glieder, sank tiefer in den sessel und ward wieder jung.

die zeit verging so schnell. warum? so schön war sie doch nicht gewesen. oder doch. selbst säte ich die samen noch gerade eben. lang war mein haar und voll der leib. voll freiheit, wärme, liebe, liebe, liebe...
soviel ist nicht geschehen. seit dem. die haare kürzer, der leib entfüllt. die liebe ist noch da. die wärme kommt und geht nach jahreszeit. die freiheit dagegen wurde für das korsett aus sicherheit ausgetauscht.

sterne am tag. klein und silbern. zwinkern mir zu. "mach weiter so", sagen sie. "der weg war nie woanders. immer standest du darauf und sahst dich um. um ihn zu suchen."

die späher haben einen weiten blick und einen langen atem. jetzt weiß ich wer ich war. und zeit und gegenwart verschwimmen im nicht-organisierten willen. now. verlaufen wie farben, die ich malte. gemacht aus kraut und würze, kuhdung und milch. überzeugung und respekt.
auf steinen hinterließ ich meine gedanken. in wirbelnden blüten, lockmittel für meine freunde, die mir honig bringen. zum überleben in den kalten tagen. ich danke und bete. beim holzsammeln und wasserholen. beim in dem regen laufen und bei feuerliedern.

schon höre ich sie kichern. kichere mit ihnen. sie kommen herunter geklettert und der blütenstaub befruchtet junge hirne mit alten ideen. sie fragen. nach den dingen hinter dem faltigen leib. hinter dem verbrauchten gesicht gibt es noch das alte leben. die ideale. die meinen, die die ihren sind.
inzwischen sind wir auf einer ebene. der stuhl weicht dem boden. ich verstehe. sie sehen in die zukunft. gemeinsam schweben wir. dazwischen. im raum der möglichkeiten. aller möglichkeiten. der chance auf ein zurück.

"den kann man nicht pflanzen", sage ich. "schmeckt aber auch so, das ist der sinn, hihi." ich kann nicht anders. die samen zergehen im mund.
eine von ihnen steckt sich trotzdem ein paar in die tasche, will es selbst sehen. muss sie auch. ihr weg, der an manchen biegungen und kreuzungen wie meiner aussieht.
der abend naht, doch keiner geht. das gefühl des einsseins läßt uns nicht. so koche ich tee und backe fladenbrote, auf die alte weise. im geiste sammle ich schon holz. für das große feuer. um die falschen entscheidungen hineinzuwerfen. um ganz zu ihnen zu gehören. wieder ich zu sein.

noch bevor sie gehen schmecke ich das salz auf meiner lippe. was wäre das leben ohne eine prise? ich danke für die gefährten. für die vergangenen und die des moments.
die ausweglosen blicke in den rückspiegel verwirrten mich gestern. heute geben sie mir wieder kraft. ich weiß um den einbahnstraßencharakter eines jeden lebens. und es gibt keine ausfahrten und alternative landstraßen als wendemöglichkeiten. keine offiziellen chancen.
ich wähle den nächsten feldweg, wohin auch immer er führen wird. tausche festen teer gegen staubige sohlen. ahugh.

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