2006-06-13 01:17
zu vergessen
ihre welt fällt durch alle vorhänge. sie fällt. sie fällt bis der harte boden realität sie bremst. nie ist der aufschlag so hart wie er sein müsste. nie hört man sie schreien vor schmerzen, noch sieht man laufen das blut aus der nase. die verletzungen sind innerlich nur. und sie ist die taubstumme wächterin der wahrheit unserer zeit.
doch vergesst nicht, dass ihr nicht nur für das euch offensichtliche verantwortung tragt. wenn ihr nicht hören wollt, geschieht es trotzdem. die konsequenzen werden kommen, sie sind schon am horizont zu sehen. an einem magischen ort, in einem tiefen wald, der einst die werwölfe und riesen beherbergt hatte, steht ein brunnen. der richter hatte von ihm gehört. schon vor jahrzehnten hatte er ihn sich zum ziel gemacht. und jetzt wo er alt geworden und die last auf seinem rücken in keinem gleichgewicht zu seinem leben mehr stand, war sein vorhaben realität geworden. der stock in seiner hand war schmutzig vom waldboden. sein hemd durchgeschwitzt. die flasche an seiner gürtel fast leer. der kleine rucksack enthielt nur eine regenfest jacke, für den fall, daß er sich erinnern sollte auf dem rückweg. leicht war er. mehr konnte er auch nicht mehr ertragen. die vögel sangen, vereinzelt. ab und an verirrte sich auch noch ein lichtstrahl durch die dichte kronendecke. alles schien wenig märchenhaft hier. ein herkömmlicher wald, keine hinweise auf alte zeiten. und doch war sich der richter sicher an der richtigen stelle angekommen zu sein. er legte den rucksack ab, den stock daneben. und setzte sich auf den waldboden, uneben und trocken. er trank noch einen schluck. dann begann er zu beten. sie hatte es gewußt. geahnt, daran geglaubt. auch ihr schicksal würde nie das einfache bleiben, das es ihr bisher zu sein schien. das fallen würde ein ende haben. heute. sie legte ihr kleidung ab. wusch ihr gesicht mit kaltem wasser. sie schloß die fensterläden im ganzen haus. als die dunkelheit, die das tageslicht des sommers ihr ermöglichte, erreicht war, waren auch gesicht und brust getrocknet. sie nahm ein frisches laken aus dem schrank, legt es um ihre schultern. dann setzte sie sich in die mitte von allem. und schrie. ein leises singen weckte ihn. fast immer schlief er bei intensivem gebet ein. er konnte die quelle nicht verorten, noch war er sich ganz sicher, daß es überhaupt ein solches geräusch tatsächlich gab. er setzte sich gerade auf und öffnete die augen. der wald sah aus wie vorher. sein blick schien ihm sogar viel klarer als er gewohnt war. es war auch noch etwas wärmer geworden. die mittagsstunde müsste also gerade angebrochen sein. als er vom rundgang seines blickes zurückkam sah er ihn, direkt vor sich. in ungefähr 25 metern entfernung stand ein brunnen. der brunnen. als er aufstehen wollte um ihn näher zu betrachten, schwoll der singsang an. er verstand das zeichen und blieb sitzen. sie mußte nicht die augen öffnen um es zu wissen. sie war nicht mehr zu hause. und sie war auch nicht mehr allein. sie spürte seine gegenwart. und die lang unterdrückte ungeduld hinter seiner professionell erlernten beherrschung. sie lächelte. keine zeit mehr, dachte sie. er sah das lächeln in seinem inneren. aber es stammte nicht von ihm, seinem menschlichen selbst. es kam aus der quelle, woher auch die musik stammte. er lachte. wieder zeit genug, sangen sein gedanken. wieder zeit genug. sie öffnete ihre arme. jetzt sah sie ihn. ein warmes licht strahlte aus ihm heraus. es zog sie an. dort lag ihr ziel in seinem inneren. sie flog darauf zu. als die musik verstummt spürte er den wind aus seinem inneren nach außen treten. jetzt wieder war alles befreit. wir werden ihnen wieder beibringen zu vergessen, riefen sie sich zu als sie mit geöffneten augen und weiten herzen aufeinander zu gingen. den boden schon nicht mehr berührend vergingen sie im licht des jeweils anderen. sie schloßen den kreis ein weiteres mal. gebaren das öffnen einer neuen blüte konsequenzia. und glockenheller klang drang aus ihrem wald. der brunnen ist leer. eine vertrocknete öde falle. ein tiefer schacht, der an vergessen erinnert nur. so scheint es. doch wenn man ihn finden wollte und an seinem rande sänge, würde man es verstehen und vergessen. man würde lachen und singend aus dem wald hervortreten und niemand würde mehr wissen warum. in einer stadt, weit weg von den bergen und dem wald, steht ein haus. die fenster sind geschlossen. einst wohnte hier ein richter. oder war es eine richterin gewesen? die leute erinnerten sich nicht mehr daran... geworfen und getroffen durch autorin
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